Malwin Remiè |
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" Tür zu!" fauchte ich laut als mir ein eiskalter Windhauch einen Schauer über den Rücken jagte.
Dieses Wetter raubte mir den letzten Nerv. So schön der Schnee auch anzusehen war, er verkomplizierte alles.
Ich nippte an der heißen Schokolade die neben meinem Laptop stand und versuchte mich wieder auf das Schriftstück zu konzentrieren, das Hector mir vor wenigen Minuten geschickt hatte.
Als ich die Stelle als Sekretären angenommen hatte, war mir bewusst das ich in Hector einen extrem schwierigen Chef zu meinem Arbeitgeber auserkoren hatte. Aber das ich Mädchen für alles spielen musste nervte mich zunehmend.
Wobei ich in letzter Zeit festgestellt hatte das er sich sogar hin und wieder von mit etwas sagen lies. Das machte den ganzen Ärger schon ein bisschen wett.
Nun aber frisch an Werk. Ein Kellner stellte die Gemüsesuppe, die ich bestellt hatte, auf meinen Tisch und war gerade im Begriff wieder zu verschwinden " der Wein fehlt.. " sagte ich trocken und würdigte ihn keinen Blickes.
Musste man ihr alles selber in die Hand nehmen, damit es nicht im Chaos versank?


Er hatte der 5th Avenue einen kleinen Besuch abgestattet und ein wenig von seinem schwer verdienten Geld in ein paar neue Spielzeuge investiert. Es ging doch nichts über den neusten Technick-SchnickSchnack, den man eigentlich gar nicht brauchte, aber trotzdem erst einmal haben musste. Auch sein Kleiderschrank hatte mal wieder eine kleine Aufstockung nötig gehabt und so hatte er auch das erledigt. Doch nun konnte er das leere Gefühl in seinem Magen nicht länger ignorieren und parkte vor einem Restaurant. Er schaltete das Licht aus, stoppte den Motor, zog den Schlüssel ab und stieg aus. Die Tür ließ er im Gehen zufallen und betätigte die Fernbedienung, während er schon vor der Tür stand und durch diese das Restaurant betrat.
Es war Mittagszeit in New York und beinahe alle Tische waren bereits belegt. Einen Moment ließ er seinen Blick durch das Etablissement schweifen und steuerte dann einen Tisch an. Doch dann fiel sein Blick auf eine junge Frau, die ihm bekannt vorkam. Es war Hectors neue Sekretärin, die er bisher nur ein oder zwei Mal gesehen, aber noch nicht wirklich die Gelegenheit gehabt hatte, mit ihr zu sprechen. Als er sich ihr näherte, bekam er gerade noch mit, wie sie den armen Kellner malträtierte, der wahrscheinlich mit dem Gedanken spielte ihr in den Wein zu spucken, nach dem sie so überaus freundlich verlangte. Alexander entlockte ihre bestimmende Art ein leichtes Lächeln. In seinem Kopf nahm gerade eine Szene Gestalt an, in der sie so mit Hector sprach. Eine belustigende Vorstellung. Er blieb neben ihr stehen und sah sie an, während sie noch ganz in ihren Laptop versunken war. "Warum ist es immer so schwer, gutes Personal zu finden?" Richtete er dann schließlich das Wort an sie.


Der Kellner starrte mich perplex an während er seine Entschuldigung stammelte und zur Küche eilte.
" Der Tag fängt ja gut an.. " murmelte ich vor mich und schob den Laptop beiseite.
Eine vertraute Stimme lies mich aufblicken " es scheint eine echte Herausforderung zu sein " sagte ich grinsend.
Der Mann kam nicht bekannt vor, doch seine Stimme kannte ich wiederum sehr gut. " Sie arbeiten für Hector " sagte ich und mussterte ihn rasch. " Setzen sie sich .." mein Ton ließ wie üblich keinen Widerspruch zu.
“ Haben sie frei?“ Fragte ich und schob dabei den Teller mit der Suppe vor mich.
Es war schön das ich endlich ein Gesicht zu der Stimme hatte, mit der ich so oft telefonierte. Es kam nicht oft vor das ich Hectors "Untertanen", wie er sie nur zu gern betitelte, mal zu Gesicht bekam.
Vielleicht war das die Möglichkeit um ein wenig mehr über meinen geheimnisvollen Arbeitgeber zu erfahren...


Ihre Aufforderung ließ ihn erneut schmunzeln. Anscheinend war sie eine Frau, die es nicht gewohnt war, dass man 'Nein' zu ihr sagte. Und wenn man es doch tat, würde sie sicherlich dafür sorgen, dass man es für eine lange Zeit bereute. Soviel zu seinem ersten Eindruck von ihr. Doch er tat ihr mal den Gefallen und setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber. Auf ihre Frage hin nickte er dann kurz. "Ja. Einer der wenigen Tage im Jahr, die nicht bis zum Bersten mit Terminen und Verpflichtungen gesät sind." Und davon hatte er wirklich wenige. In der Regel konnte er sie an einer Hand abzählen. Er arbeitete eben in einem Business, dass 365 Tage im Jahr Betrieb hatte. "Und sie? Nehmen ihre Arbeit überall mit hin?" Dabei deutete er mit einem Finger auf den Laptop, den sie nun zur Seite geschoben hatte.
Es würde sicher ein interessantes Gespräch werden, wenn sie ihn als Hectors Untertan bezeichnen würde. Das galt sicher für Viele, aber nicht für Alexander, auch wenn er streng genommen, wie alle Anderen auch, für Hector arbeitete. Als der Kellner dann schließlich ihren Wein brachte, erkundigte er sich nun bei Alexander, was er denn wünschte. "Ich nehme das Limonen Pfeffer Hühnchen und dazu einen Weißwein bitte." Nachdem der Kellner nun wieder seiner Wege zog, richtete Alexander seine Aufmerksamkeit wieder auf sein Gegenüber.


" Was machen sie eigentlich genau?!" fragte ich beiläufig während ich mich über die Suppe her machte, solange sie noch heiß war.
Da ich mir nicht sicher sein konnte in welcher Beziehung Alex zu Hector stand, musste ich meine Antwort genau abwägen " nun ja manche Aufgaben sind nicht in 8 Stunden zu bewältigen. Und da ich zur Zeit die einzige Bürokraft bin.. " ich zuckte mit den Schultern " begleitet mich der Laptop auf Schritt und Tritt."
Als er seine Bestellung ausgab musste ich schmunzeln " Sie haben ein guten Geschmack."
“Wie lange arbeiten sie schon für Hector?“
Mein Blick glitt zu dem großen Fenster, an dem sich die Menschen vorbei drängelten. Alles war so anders in dieser großen Stadt.
Das ich aus einer kleinen Stadt an der englischen Küste stammte konnte ich ganz gut kaschieren. Zumindest hoffte ich es. Die Menschen mit denen ich es zu tun hatte, schienen den Lärm und den Platzmangel wesentlich besser zu verkraften als ich.
Mein Laptop gab ein leises „Ping“ von sich. “ Hector scheint nicht gerne zu warten.. „ sagte ich grinsend und klappte den Bildschirm hoch.


Ihr nun zu erklären, was er alles so tat, würde zum Einen sehr viel Zeit, wesentlich mehr Vertrauen und einen privateren Rahmen erfordern. Aber er würde sich einfach mal auf die wichtigsten und vor allem die legalsten Arbeiten konzentrieren. Das sollte dann für den Anfang reichen. "Im Großen und Ganzen bin ich für die Kundenbetreuung zuständig. Leite Präsentationen, wenn wir neue Produkte an die Kunden bringen wollen, kümmere mich um Spezialwünsche von Stammkunden und noch einiges mehr, was sie sicher nur langweilen wird." Schloß er mit einem Lächeln. Und nichts davon war gelogen. Diese Aufgaben übernahm er in Hectors legaler Firma ja wirklich. Aufmerksam hörte er dann ihren Worten zu und nickte leicht. Er wusste selbst, wie vereinnahmend diese Arbeit sein konnte und Feierabend gab es an manchen Tagen einfach nicht. "Wem sagen sie das." Lächelte er sie dann erneut leicht an.
"Seit Anfang an." Beantwortete er ihre Frage, nach der Dauer seiner Tätigkeit für Hector. "Wir haben die Firma quasi zusammen aufgebaut. Aber er ist das Gesicht." Fügte er noch hinzu, was auch gleich seine etwas andere Stellung verdeutlichen sollte. Von ihr wusste er ja, dass sie noch nicht lange für Hector arbeitete und es blieb abzuwarten, ob sie es länger als ihre Vorgängerin aushalten würde.
Er folgte ihrem Blick zum Fenster, wandte sich dann aber gelangweilt wieder ab. Er war in New York geboren und aufgewachsen. Für ihn war der Lärm und der Platzmangel Normalität.
Dann musste er bei ihren Worten auflachen. "Nein. Da ist er wirklich nicht der Typ für." Schließlich brachte der Kellner seine Bestellung und war dieses Mal sogar so schlau gleich den Wein mitzubringen. "Danke sehr." Sagte er an den Kellner gewandt und sah dann Erin an. "Stört sie doch nicht, wenn ich schon anfange oder?" Aber ohne eine Antwort abzuwarten aß er auch schon den ersten Bissen.


" Sie sind also seine rechte Hand " schloss ich aus seiner Erklärung. Das Alexander ein wichtiger Teil der Firma war hatte ich daran gemerkt das Hector in umgehend zurück rief, während die anderen Stunden wenn nicht Tage auf eine Antwort warten mussten.
Den Job als Sekretärin hatte ich eigentlich nur angenommen um mich in dieser viel zu großen Stadt über Wasser halten zu können. Das daraus ein 24 Stunden Job wurde, bei dem ich Mädchen für alles spielte hatte gedacht.
Andererseits lernte ich gleich wie es in dieser Stadt zu ging, und die Mentalität der Menschen richtig kennen. " Und nun sitzen sie mit einer Kollegin hier" sagte ich grinsend. Wobei ich das Wort Kollegin in Anführungszeichen setzte.
Vielleicht erwies es sich als Glücksgriff Alexander hier ein wenig auf den Zahn fühlen zu können. " Wenn das so ist wende ich ab jetzt auch an sie wenn ich nicht weiter weiß" meinte ich scherzhaft.
Bei meiner Arbeit war ich völlig auf mich allein gestellt, und das würde auch so bleiben. Ich brauchte diesen Job und da man überall munkelte das Hector meine Vorgängerin wegen einer Lappalie gefeuert hatte, tat ich mein möglichstes um nicht weiter aufzufallen.
" Aber welcher Mann wartet schon gern.. " sagte ich lachend und warf dem Kellner ein anerkennenden Blick zu.
" Er ist lernfähig. Wie schön." Es war erleichternd das Alexander meine Kommentare richtig verstand. " Aber natürlich nicht.. "


Cleveres Mädchen Schoss es ihm durch den Kopf, ehe er auf ihre Feststellung hin nickte. "Ja. So kann man es ausdrücken." Im Grunde gab es keinen anderen Weg, seine Tätigkeit zu beschreiben. Er hielt Hector den Rücken frei, übernahm die schwierigsten Jobs und kümmerte sich um's Grobe. Das war schon immer so gewesen und wahrscheinlich würde es das auch bis zu seinem letzten Atemzug. Und wo Andere eventuell irgendwann nach höheren Zielen strebten, selbst die Nummer 1 sein wollten, reichte es ihm. Er hatte genug Freiheiten und Entscheidungsgewalt, dass er sich lieber im Hintergrund hielt und der Mann war, auf den man sich verlassen konnte, wenn es darauf ankam.
Vielleicht hätte sie jemand vorwarnen sollen, was den Job bei Hector betraf. Aber wenn man es streng genau nahm, war es im Grunde ein sehr guter Job mit erstklassiger Bezahlung. So lange sie keine gravierenden Fehler machte. Er neigte leicht den Kopf und lachte dann kurz auf. "Wer hätte das erwartet?" Aber er hatte nichts gegen ein wenig Gesellschaft beim Essen. Wenn dem so wäre, dann hätte er sie einfach nicht beachtet. Und wer hier wem auf den Zahn fühlte, das würde sich noch zeigen. Ihm lag eine Menge an Hector und an dessen Sicherheit und somit stand Erin nun auch weigerlich auf seiner 'to watch-Liste'. Dann sah er sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an, ehe er schmunzelte. "Versuchen sie ihr Glück." Es würde sie überraschen, wie stoisch er sein Telefon ignorieren konnte.
"In der Tat." Bestätigte er ihre Aussage. Und war es nicht schön, wenn Frauen das verstanden und dementsprechend handelten? Ja ... Er kam jetzt wie der totale Chauvi rüber, aber who cares?! "Hätte mich auch nicht aufgehalten." Er grinste sie kurz an und aß dann weiter.


Es begann sich gerade eine Art Gespräch oder zumindest etwas, dass daraus hätte werden können, zwischen ihm und Erin zu entwickeln, als sich das teuflische, kleine Ding mit Namen Handy bemerkbar machte und nach seiner Aufmerksamkeit verlangte. "Entschuldigen sie." Sagte er an Erin gewandt und nahm das Gespräch entgegen. "Grayson?" Meldete er sich und lauschte einen Moment den Worten am anderen Ende der Leitung. "Wann?" Fragte er, während er schon auf die Uhr sah. Wäre ja auch zu schön gewesen, um wahr zu sein, dass es wirklich mal einen Tag geben könnte, denn er ohne Verpflichtungen hinter sich bringen könnte. "Ja ... Nein ... Ich bin gleich da. Gib mir 15 Minuten." Und damit beendete er das Gespräch und sah entschuldigend zu Erin. "Tut mir wirklich leid, aber die Arbeit ruft. Vielleicht ein andern Mal." Und mit diesen Worten war er bereits aufgestanden, zückte ein paar Geldscheine, die sein Essen und auch das von Erin abdecken dürften, nickte ihr noch einmal zu und verließ dann das Restaurant.
Er betätigte die Fernbedienung, was seinen Wagen entriegelte, stieg ein, startete den Motor, ordnete sich in den Verkehr ein und machte sich mit leicht überhöhtem Tempo auf den Weg zu diesem ominösen Notfall.






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